BUNDjugend  

Rückblick: Utopien NaTour

Am 22. und 23. Juni waren wir in der Region Lüneburg mit Fahrrad und Zelt unterwegs, um gemeinsam Orte der gelebten Utopie zu erkunden. Bei herrlichem Sonnenschein fuhren wir an den zwei Tagen rund 60 km und lernten Lüneburg auf eine ganz neue Weise kennen.

Alternative Landwirtschaft entdecken

Los ging es am Samstag um 12 Uhr am Bahnhof in Lüneburg. Nach einem kurzen Kennenlernen, ging es schon zu unserem ersten Ziel, der Holawi.

Holawi ist die Abkürzung für holistische Landwirtschaft. Holistisch oder auch allumfassend bedeutet hier, dass Dinge wie Grundwasseraufbau, Bodenerhalt und Biodiversität beim Anbau mitgedacht werden. Holistisch heißt aber auch, dass die Landwirtschaft ein großer Hebel zur Bekämpfung der Klimakrise ist, da hier große Mengen Kohlenstoff eingespart und gebunden werden können.

Niels, der die Holawi gegründet hat, nahm uns in Empfang und gab uns eine Tour über das Gelände. Erst seit Herbst 2022 bewirtschaften Niels und sein Verein diese Fläche nachhaltig. Ganz zu Anfang haben sie eine Kleegras-Mischung ausgesät, um den Boden über den Winter zu schützen. Dann folgte eine Riesenpflanzaktion in der 2500 kleine Bäume gepflanzt wurden, darunter viele verschiedene Nussbäume wie Walnuss und Haselnuss, sowie Obstbäume und -sträucher. Außerdem wurde ein Staudengarten angelegt in dem Schnittblumen angebaut werden und mehrere Senken ausgehoben in denen sich Regenwasser sammelt, um zusätzliche Biodiversität zu ermöglichen. Im ersten Jahr musste die Fläche noch regelmäßig bewässert werden, doch mittlerweile ist das nicht mehr nötig.

Es war super beeindruckend zu sehen, was in der Holawi in nur anderthalb Jahren schon entstanden ist.

Die Holawi hat noch viele weitere Dinge, die sie ausprobieren wollen, nun dass die Grundstruktur steht. Wir alle hatten Spaß daran zu überlegen, wie all das wohl in 20 Jahren aussehen würde.

Es blieb nicht nur bei der spannenden Tour, denn wir durften auch noch selbst anpacken. In Schubkarren brachten wir Holzschnitzel zum Staudengarten, um dort den Boden zu bedecken und freuten uns wie schnell der große Haufen durch die vielen Hände verschwand.

Zelten auf dem Bauwagenplatz

Vorbei an Feldern und einem Fluss ging es dann weiter zum Wagenplatz Wienebüttel. Dort durften wir zelten und konnten gleichzeitig etwas über diese alternative Form des nachhaltigen Zusammenlebens lernen. Erstmal ging es ans Zelte aufbauen und Abendessen kochen. In einem der Wagen gab es eine kommunale Küche. Das Wasser zum Kochen und spülen mussten wir uns vorher mit einem großen Kanister holen. Nach dem langen Tag freuten wir uns dann alle über einen riesigen Nudelsalat. Gestärkt vom Abendessen haben wir noch eine kleine Tour über den Wagenplatz bekommen und durften ganz viele Fragen zur Selbstorganisation des Platzes und zum alltäglichen Leben stellen. So langsam wurde es dunkel und die ersten Glühwürmchen tauchten zwischen den Bäumen auf und wir machten uns auf den Weg in unsere Zelte.

Das Wohnprojekt Raueme

Am nächsten Morgen ging es nach einem guten Frühstück auch schon früh weiter zum Wohnprojekt Raeume. Das Wohnprojekt gibt es seit 2015 auf einem ehemaligen Bauernhof. Mittlerweile wohnen ca. 50 Menschen in ganz verschiedenem Alter zusammen. Das Projekt gehört zum Miethäuser Syndikat, deren Ziel es ist Wohnraum dem Immobilienmarkt zu entziehen, damit er bezahlbar bleibt und den Menschen gehört, die dort wohnen. Alte Gebäude wie die Scheune und auch die Silos wurden ausgebaut und auch hier gibt es Bauwägen. Wir haben eine kleine Tour über das Gelände bekommen, konnten die Werkstatt, den Partyraum, den Garten und die gemeinsame Speisekammer entdecken. Entscheidungen werden hier gemeinschaftlich getroffen, es gibt ein wöchentliches Plenum und verschiedene Arbeitsgruppen, um sich gemeinsam um das Gelände und Veranstaltungen zu kümmern. Es war richtig beeindruckend zu sehen, wie viel Platz alle miteinander geteilt haben und wie viele Möglichkeiten daraus entstehen.

Ein entstehender Urwald

Nach einer kurzen Pause, inklusive Kirschen pflücken, ging es wieder aufs Fahrrad. Unser nächstes Ziel war der Tiny Forest – Hain auf der Höhe. Der Wald ist ca. 140 m² groß und ahmt einen einheimischen Urwald nach. Dazu wurde der Boden unter anderem mit Kompost, Lehm, Pflanzenkohle und Holzhackschnitzeln aufgeschüttet, so dass der Boden besser Nährstoffe speichern kann. Zur Pflanzung vor zwei Jahren kamen viele Freiwillige zusammen und pflanzten ca. 700 Pflanzen von mindestens 40 verschiedene Arten. Mittlerweile ist der Tiny Forest schon ordentlich gewachsen und zu einem selbsterhaltenden Ökosystem geworden. Es war super spannend alte Bilder zu sehen und den ganzen Prozess vor Augen zu haben. Schon jetzt spendet der Wald Schatten und sorgt dafür, dass sich die Umgebung abkühlt. So war dies der perfekte Ort für unsere gemütliche Mittagspause.

Foodsharing & Schenkregal

Gut gestärkt ging es ein letztes Mal aufs Fahrrad, um den nächsten Stopp zu erreichen. Wir fuhren zum Fairteiler von foodsharing am Clamartpark in Lüneburg und bekamen dort eine kleine Einführung in die Lebensmittelrettung durch foodsharing. In vielen Städten gibt es sogenannte „Fairteiler“, die regelmäßig mit geretteten Lebensmitteln befüllt werden. Diese sind für alle offen zugänglich und man kann sich immer etwas nehmen. Vom Fairteiler am Clamartpark, ging es für uns noch kurz weiter zum Museum Lüneburg. Seit neuestem gibt es hier ein Schenkregal für Gegenstände. Falls man etwas besitzt, dass man nicht mehr braucht, kann man das dort hinbringen. Man kann aber auch einfach immer etwas mitnehmen, wenn man dort etwas entdeckt – ganz ohne Gegenleistung.

Am Schenkregal fand unsere Utopien NaTour ihr Ende. Wir waren alle begeistert von den vielen verschiedenen Eindrücken des Wochenendes.

Es war schön zu sehen, dass es so viele Projekte gibt, die sich darum bemühen nachhaltig, in Gemeinschaft und mit der Natur im Einklang zu leben. Und es hat richtig Spaß gemacht mit Fahrrad und Zelten in der Natur unterwegs zu sein.

Danke an alle, die uns an diesem Wochenende ihre Projekte gezeigt haben und all unsere Fragen beantwortet haben! Danke an die Niedersächsische Bingo Umweltstiftung, die dieses Projekt im Rahmen der Woche der Natur 2024 gefördert hat.